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Donnerstag, 12. Oktober 2017 Berducedo – Grandas de Salime 19 km 08:15-17:00
Man merkt die kürzeren Tage und am Morgen wird es bereits eine Viertelstunde später hell als zu Beginn meiner Wanderetappen. Mit ein wenig Bergauf und Bergab, teils auf Wanderwegen und teils auf ruhigen Landstrassen beginnt der heutige Tag. Immer in Sichtweite irgendwo auf den Bergketten sind die umweltfreundlichen Windparks. Bei einer grossen Viehweide beginnt der grosse Abstieg zu einem Stausee, bei dessen Bau wie vielerorts auch ein Dorf darin versunken ist. Wegen einem Waldbrand im Frühjahr ist eine etwa 2.5 km längere Umleitung signalisiert, die aber dadurch den Vorteil hat, weniger steil zu sein. Niemals muss man Angst haben, dass es nach einem Abstieg nicht wieder aufwärts gehen würde. Vorher lädt aber die Terrasse eines Restaurants mit herrlicher Aussicht auf den See zu einem Menü del Dia ein. Nachher laufe ich gemütlich, zuerst auf der Landstrasse und anschliessend auf einem Wanderweg nach Grandas. Im kleinen Ortszentrum fällt einem der eiserne Glockenturm auf dem Rathaus besonders auf und eindrücklich ist auch die Kirche, die erstmals schon im 12.Jh. erwähnt wurde. Grandas ist die letzte Gemeinde in Asturien, bevor ich morgen die Grenze zu Galicien überschreiten werde.
Freitag, 13. Oktober 2017 Grandas de Salime – Fonsagrada 26 km 08:15-18:15
Angenehm, aber stetig geht es aufwärts. Schiefergedeckte Steinhäuser prägen die Orte am Weg, auch Kirchen und Kapellen sind im gleichen Stil gebaut. Unterwegs erreiche ich das Castro de Chao Samartín, Ausgrabungen eines befestigten Dorfes mit Akropolis, wo bereits vor 3000 Jahren Menschen gelebt hatten. Weiter geht’s durch Wälder, später auf der Landstrasse nach Peñafuente mit der Kirche Santa Magdalena von 1605 und wieder weiter auf Naturwegen zum Alto del Acebo mit dem höchsten Punkt der heutigen Etappe auf 1124 MüM und der Grenze zu Galicien. Die Aussicht auf die umliegenden Berge ist anders als in den Vortagen; eher sind es der Form entsprechend hohe Hügel mit viel Wald. Unterwegs bietet sich rechtzeitig wieder ein Restaurant an für ein Menü del Dia und entsprechend spät, aber immer noch zu einer guten Zeit treffe ich am Zielort ein.
Samstag, 14. Oktober 2017 Fonsagrada – Cádavo-Baleira 23 km 08:15-17:45
Der Weg war den ganzen Tag recht hügelig. Schöne Aussichten wechselten ab mit Wegen im Wald. Während an den früheren Tagen die Bäume noch recht grün waren, kündigt sich in dieser Gegend stellenweise der Herbst schon deutlich an. Die Blätter fallen und die Herbstzeitlosen blühen vereinzelt. Auf dem höchsten Punkt des Tages auf 1030 MüM treffe ich auf eine Kapelle und eine alte historische, teilweise restaurierte Pilgerherberge, die wahrscheinlich von allen mittelalterlichen Herbergen am längsten in Betrieb war. Später beim Aufstieg auf die Anhöhe Alto de Fontaneira blieb ich vorsichtig stehen, weil vor mir eine etwa einen halben Meter lange schwarze dünne Schlange sich über den Weg schlängelte. War es eine giftige schwarze Kreuzotter, die auch Höllenotter genannt wird? Die Gegend hier ist sehr dünn besiedelt, die Dörfer bestehen manchmal nur aus wenigen einzelnen Häusern und Orte mit Läden und Pensionen liegen weit auseinander. Diese bestimmen auch meistens die Länge der Tagesetappen.
Sonntag, 15. Oktober 2017 Cádavo-Baleira – Lugo 31 km 08:30-18:45
Die heutige Etappe hat nach längerer Zeit keine grösseren Anstiege, dafür ist sie für meine Begriffe ziemlich lang. Trotzdem reizten mich zwei kleinere Umwege zu zwei alten Kirchen in Vilabade, einerseits die von Bäumen umgebene Capilla del Carmen aus dem 17.Jh., die aber auf früheren Fundamenten aus dem 15.Jh. gebaut wurde und andererseits die Pfarrkirche, genannt „die Kathedrale von Castro“ aus dem im 15.Jh. Diese ist das einzige noch erhaltene Gebäude eines früheren Franziskanerklosters, welches damals auch Pilger betreute. Gleich daneben steht ein Pazo, ein nobles altes Herrenhaus, zu dessen Bau auch Teile des Klosters benutzt wurden. Weiter führt der Weg nach Castroverde mit Wehrturm und bei Soutomerille zu einer mittelalterlichen Kapellenruine oder Adelshaus, dem 1590 umgebauten dreistöckigem Torre de Arriba und später zur präromanischen Kirche San Salvador aus dem 10.Jh. Meistens führten schöne Wege oft durch Wälder mit Eichen, Kastanien, Föhren, Pinien und Eukalyptus und dazwischen sah ich auch einen 350 Jahre alten Kastanienbaum. Und nur einmal ging es heute für etwa zwei Kilometer entlang einer Landstrasse. Nach dem ersten Kaffeehalt gab es für die nächsten 23 Kilometer bis zum Ziel keine Einkehrmöglichkeiten mehr; da war unterwegs ein Halt mit Verpflegungsautomaten sehr willkommen.
Montag, 16. Oktober 2017 Lugo (Besichtigungstag)
Am Morgen nach dem Frühstück bringe ich zuerst mein kaputtes Hemd zu einer „Costurera“ zum Nähen, damit ich es am Abend wieder abholen kann. Nun geht es zur Besichtigung der Stadt, welche noch vollständig von einer begehbaren zwei Kilometer langen römischen Stadtmauer aus dem 3.Jh. umgeben ist. Lugo ist die älteste städtische Siedlung in Galicien. Zuerst besuche ich die romanische Kathedrale Santa Maria aus dem 12.Jh., welche aber später auch gotische, barocke und neoklassische Teile erhielt. Eine erste Kirche stand hier bereits im Jahr 755. Beim Rundgang auf der Stadtmauer habe ich von der Höhe einen schönen Blick auf die umliegenden Gebäude und die aussen liegenden moderneren Stadtteile. Meinen Spaziergang runde ich ab mit dem Besuch des Plaza Major mit dem Rathaus, dem Park Rosalía de Castro (sie war eine Lyrikerin und trug wesentlich zur Wiederaufwertung der galicischen Sprache bei), dem Ausstellungsgarten des Provinzmuseums im Konvent der Franziskaner und mit dem Schlendern durch die Altstadtgassen mit ihren zahlreichen Bars, Restaurants und Läden.
Dienstag, 17. Oktober 2017 Lugo – Castrelo/Guntin/San Román) 23 km 08:45-17:00
Hinunter geht es zum Fluss Miño, über die römische Brücke und weiter dem Fluss entlang. Bald zweigt ein Wanderweg ab und führt an einem wunderschönen romantischen Bächlein entlang. Anschliessend führen kleine Landstrassen durch kleine Dörfer. Immer noch vorherrschend ist der gleiche Baustil seit Tagen: von der keltischen Architektur abstammende Steinhäuser mit Schieferdächern. Viele Örtchen zählen nur etwa ein Dutzend Häuser, besitzen oft aber auch eine alte Kirche. Manchmal geht es wieder auf Waldwegen weiter, die über und über mit Kastanien übersät sind. In Bóveda würde es die sehr sehenswerten Überreste eines römischen Wasserheiligtums aus dem 3. Jh. mit schönen Deckenmalereien unter der Kirche Santa Eulalia de Bóveda zum bewundern geben, doch leider ist es zurzeit geschlossen und nicht für die Öffentlichkeit zugänglich. Nicht viel weiter steht am Waldrand die kleine romanische Kirche San Miguel de Bacurín aus dem 12.-13.Jh. und daneben ein Pazo aus dem 17.Jh.. Gleich anschliessend geht es auf einer früheren römischen Strasse weiter und in San Roman trifft man auf eine Kopie eines römischen Meilensteins.
Mittwoch, 18. Oktober 2017 Castrelo (Guntin/San Román) – Melide 28 km 08:15-17:15
Man merkt die kürzeren Tage an der Morgendämmerung. Während es zu Beginn meines Pilgerns um 08:15 Uhr genügend hell war zum Abmarschieren, so ist es jetzt doch nicht mehr hell. Zukünftig werde ich frühestens um 08:30 weggehen. Am Vormittag konnte ich meistens auf Naturstrassen laufen, hingegen waren es am Nachmittag zunehmend Asphaltstrassen, allerdings ohne Verkehr bis zum Eingang von Melide. Es ist eine leicht hügelige galicische Landschaft und in den Wäldern dominieren jetzt Eukalyptusbäume und auch die Häuser sind nicht mehr schiefergedeckt sondern haben rote Ziegel. Ein leichtes Auf und Ab. Erstmals kam heute Nachmittag der Regenschutz zum Einsatz; denn dunkle Wolken wechselten sich ab mit blauem Himmel. In Melide zog es mich am Abend in eine noch sehr ursprüngliche Pulperia und natürlich gab es Pulpo und Weisswein.
Donnerstag, 19. Oktober 2017 Melide – Arzúa 15 km 08:30-14:00
Hier trifft ein Hauptpilgerweg dazu und entsprechend sind ab jetzt mehr Leute unterwegs. Es gibt für mich zwei Varianten, nämlich morgen von Arzúa bis Santiago noch zwei weitere Tage zu laufen oder mit dem Bus an die Küste zu fahren und noch einige kleinere Wanderungen am Atlantik zu machen. Nach dem ruhigen Weg der letzten zwei Wochen entscheide ich mich für das letztere. Der Entscheid fällt mir insbesondere leicht, weil ich die weitere Strecke ab Arzua vor zwei Jahren bereits wieder gelaufen bin und der Wetterbericht für die nächsten Tage wieder besser ist. Das Wetter war zwar heute noch etwas trüb aber die Wege und die zunehmend weniger hügelige Landschaft waren wiederum schön. Naturwege, Wald und Landwirtschaft prägten das Bild und erst am Schluss war ich noch ein wenig auf Landstrassen unterwegs. Zur Feier des Abschlusses meines Weges gönne ich mir die Übernachtung in einem alten Landgut aus dem Jahre 1742, das heute ein komfortables Hotel mit einer grossen Gartenanlage ist.